Karwendelmarsch 2017 – die Legende lebt tatsächlich

52 Kilometer, 2281 Höhenmeter bergauf

Bereits im Mai 2017 zählte der Karwendelmarsch 2500 Teilnehmer und war somit etwa 3 Monate vor dem Start am 26. August 2017 ausverkauft! Viele Läufer und Wanderer hofften noch einen Startplatz über die Tauschbörse ergattern zu können. Meine Mama und ich waren schnell genug und konnten uns noch kurz vor Anmeldestopp zwei Startplätze für den Karwendelmarsch sichern. Somit stand einem Start am 26. August nichts mehr im Wege und die Vorfreude stieg von Monat zu Monat.

Dazwischen folgten ja für mich noch zwei Trailbewerbe und ich konnte es dann kaum mehr erwarten meinen ersten offiziellen Ultra zu finishen. Denn obwohl wir für die Marschklasse angemeldet waren, war mein Plan den Großteil der Strecke zu laufen. Noch nervöser als ich wurde aber meine Mama von Woche zu Woche im August – ich war ja doch schon ein wenig erfahrener auf langen Strecken 😉 – auf unseren zahlreichen Wanderungen im Sommer, war der Karwendelmarsch mehr als einmal unser Gesprächsthema. Am meisten hofften wir auf das perfekte Wetter! Denn wer will schon gerne 52 Kilometer im Regen laufen/wandern?

Eine Woche vorher liefen wir noch beide erfolgreich, wenn auch im Regen, beim Frauenlauf im Rahmen von Kärnten Läuft mit. Dann war es bald soweit! Die Woche verging wie im Flug und Donnerstagabend reiste meine Mama von Kärnten zu mir nach Innsbruck an. Den Freitag starteten wir mit einem guten Frühstück und am Nachmittag machten wir uns auf den Weg nach Scharnitz, um unsere Startnummern zu holen. Neben der Startnummer bekamen wir auch einen Stempelpass, den wir bei jeder Verpflegungsstelle abstempeln lassen konnten. Wir spazierten noch ein wenig über die kleine Expo, machten das obligatorische Startnummernfoto für Instagram und beschlossen einen Abstecher ins nahe Seefeld zu machen, um dort noch einen Kaffee zu genießen.

Der Sommer zeigte sich an diesem Tag nochmal von seiner besten Seite und so waren wir optimistisch für den darauffolgenden Tag. Am Abend feierten wir unsere eigene Pastaparty in Innsbruck und gingen früh ins Bett, denn der Wecker sollte uns am nächsten Morgen bereits um kurz vor 4 Uhr aus dem Bett werfen.

Nach einer kurzen, etwas schlaflosen Nacht mussten wir das warme, gemütliche Bett um 4 Uhr verlassen und uns fertig machen. Auch zum Frühstücken blieb noch genug Zeit und das Marmeladebrötchen wurde mit einer Tasse Kaffee genossen. Pünktlich um 04:45 Uhr war dann unsere Mitfahrgelegenheit da. Gemeinsam mit Norbert und Petra machten wir uns auf den Weg nach Scharnitz. Norbert war selbst für die Laufklasse angemeldet und Petra spielte sozusagen Taxifahrerin und Motivatorin. 🙂

Bereits um diese Uhrzeit herrschte reger Verkehr nach Scharnitz, was aber auch kein Wunder war, schließlich waren ja auch 2500 Teilnehmer angemeldet. Unterwegs überraschte uns dann auch noch ein kurzer Regenschauer, der sich aber bis wir beim Start waren schon wieder verzogen hatte. Das Wetter war somit perfekt für den Karwendelmarsch!

Der Startbereich war bereits gut gefüllt, die letzten Fotos wurden geschossen und der richtige Startsektor aufgesucht. Die Nervosität und Vorfreude stieg von Minute zu Minute und dann wurde auch schon der Countdown runter gezählt. Pünktlich um 6 Uhr ging endlich los! Mit einer letzten Umarmung verabschiedete ich mich von meiner Mama und wir freuten uns schon jetzt auf das Wiedersehen im Ziel. 😉 Doch bis dahin war es noch ein langer, steiler, aber auch wunderschöner Weg.

Für mich ging es gleich laufend los und die Kilometer bis zur ersten Verpflegungsstation beim Schafstallboden vergingen wie im Flug und ich war voll in meinem Zeitplan. Zwar ließen die schönen Trails noch auf sich warten und es war etwas mühselig die ganze Zeit auf Schotter-/Forststraßen zu laufen, doch die Aussicht über das Karwendeltal war dennoch atemberaubend. Der Stempel wurde also bei der VP abgeholt, die Flask aufgefüllt und schon ging es weiter in Richtung Karwendelhaus. Es war richtig schön zu sehen, dass so viele Menschen sich heute auf den Weg gemacht hatten, das Karwendeltal wandernd bzw. laufend zu durchqueren. Das Wetter spielte perfekt mit! Sonnenschein von Anfang an!

Beim Karwendelhaus angekommen packte ich dann auch meine Stöcke aus, die ich  dann doch noch nicht benötigt hätte, denn es folgte gleich der erste Downhill hinunter zum Kleinen Ahornboden. Ich fühlte mich immer noch fit und so konnte ich es locker bis zur nächsten VP laufen lassen. Beim Kleinen Ahornboden traf ich auch zum ersten Mal auf ein bekanntes Gesicht, denn auch Astrid (trailbirdie) war heuer dabei und ich freute mich, kurz mit ihr ratschen zu können, bevor es im individuellen Tempo weiterging. 😉

Nach etwa 25 relativ einfachen Kilometern auf breiten Forststraßen war es jetzt endlich soweit für den ersten knackigen Anstieg über lange Serpentinen, die uns am Ende über viele Holzstufen zur Falkenhütte brachten. Die Hitze machte den Aufstieg nicht leichter und so mussten viele Läufer/Wanderer – einschließlich mir – immer wieder stehen bleiben, um zu trinken und kurz zu pausieren. Bei der Falkenhütte gönnte ich mir auch ein Käsebrot und eine halbe Banane, die meinen Zuckerspiegel wieder normalisierte.

Und weiter ging es zum ersten Zwischenziel bei KM 35 – die Eng. Ein gut laufbarer Steig, führte uns eben zu einem letzten kurzen Anstieg und dann ging es auch schon, teils durch den Wald, hinunter in die Eng. Ich schloss mich kurz einer Mädelsgruppe an, die ein relativ konstantes Tempo abwärts lief und so konnte ich den Downhill vollends genießen. „Wie die Gämse springen sie da runter, die Mädels!“ meinte der Streckenposten. Spaß hat’s auf alle Fälle gemacht aber die 621 Höhenmeter abwärts auf einer Strecke von etwas mehr als 4 Kilometer hatten es trotzdem in sich.

Von weitem konnte man bald schon Musik hören und den Zielbogen sehen, denn man konnte sich als Marschierer entscheiden, hier aufzuhören und die 35km-Medaille entgegenzunehmen. Obwohl es mir hier schon gut gefallen hätte und ich mich schon ein bisschen nach dem alkholfreien Finisherbier sehnte, war es hier für mich noch lange nicht zu Ende. Es warteten noch 17 Kilometer mit dem anstrengensten Anstieg der Strecke auf mich. Mit meiner Mama hatte ich im Vorhinhein vereinbart, dass wir uns eine kurze SMS mit einem Smiley schicken, wenn wir die Eng erreicht haben. Gesagt, getan und der letzte Anstieg wartete. Um ein mögliches Tief zu verhindern, hab ich mir dann auch meinen Riegel und einen Powershot gegönnt. Den berüchtigten Mann mit dem Hammer konnte ich somit gut abwehren und das Tief blieb aus!

Wie schon gewohnt ging es, über eine breite Forststraße laufend/wandernd, zur Binsalm. Der Weg war lang, steinig und schwer. 😉 „Nur noch 16,9 Kilometer, Carina“, versuchte mich Dieter beim Vorbeigehen zu motivieren. Danke für diese Motivation! Nach der Binsalm wartete der letzte Anstieg trotzdem noch – über lange steile Serpentinen rauf auf den Gramaisattel. Auf einer Strecke von 3,2 Kilometer liefen oder besser gesagt wanderten wir die 400 Höhenmeter auf den Sattel. Ein hartes Stück Arbeit, aber oben angekommen, freuten wir uns alle, dass es jetzt eh nur noch abwärts zum Gramai Hochleger und dann weiter zur Gramaialm geht. Ein bisschen zwickten die Knie jetzt und so schnell wie ich gerne gewesen wäre, konnte ich jetzt nicht mehr. Aber auf die Minuten kam es jetzt auch nicht mehr an – ein bestimmtes Zeitziel hatte ich eh nicht. Locker, flockig (oder auch nicht) lief ich nach dem Hochleger weiter zur Gramaialm. Wow, also hier hätte es mir echt gefallen, das ist ja keine Alm, sondern eine richtige Luxusanlage. Ich weiß, wo ich meinen nächsten Urlaub verbringe! 😉

Die letzten 9 Kilometer waren nun noch zu bewältigen und die Vorfreude auf das Ziel stieg ins Unermessliche! 4 Kilometer mussten wir noch auf Schotter zur letzten Verpflegungsstelle, der Falzturn Alm, laufen. Noch schnell den letzten Stempel abgeholt und die letzten 5 Asphaltkilometer warteten auf mich. Hier traf ich auch wieder auf Dieter, dem aber ich jetzt Motivation zusprach. Kurz danach hatte er mich auch schon wieder eingeholt und so liefen wir die letzten Kilometer nach Pertisau zusammen. Gemeinsam sehnten wir jedem Kilometerschild entgegen und motivierten uns gegenseitig. (Bier, Dusche, Massage etc. waren unsere Motivatoren!) Ich kann euch nur sagen, ohne diese motivierende Begleitung wäre ich die letzten fünf Kilometer sicher nie durchgelaufen. Gegenseitig haben wir uns echt gut gepusht und noch viele Läufer und Marschierer, die teilweise überrascht waren, überholt.

In einem konstanten 5:40er Schnitt (hätt‘ ich mir nach 45 Kilometer nie zugetraut) kam das Ziel immer näher. Der letzte Kilometer war dann wohl auch der emotionalste – die Zuschauer am Straßenrand trugen uns förmlich ins Ziel und mit einem breiten Grinsen im Gesicht lief ich durch den Zielbogen und nahm die verdiente Medaille entgegen. Mit Dieter wurde natürlich noch einmal ordentlich abgeklatscht und für die super Begleitung bedankt. Die letzten Kilometer haben echt noch richtig Spaß gemacht. Aber jetzt freuten wir uns auf das verdiente alkoholfreie Weizen, mit dem wir noch einmal kräftig angestoßen haben. Prost!

Im Ziel konnte ich mir noch mein Finisherpaket mit einem netten Salewa-Stirnband zur Erinnerung abholen und ein gratis Finisherfoto machen lassen. Tolle Erinnerungen an meinen ersten Ultratrail!

Nach der verdienten Dusche gesellte ich mich zu Norbert und Petra in die Sonne und wir bzw. Petra entdeckten die Möglichkeit, die Beine mit Elektroden stimulieren zu lassen. Das tat gut und meine Beine fühlten sich danach fast wie neu an.

Da ich dachte, dass es nun auch Zeit wird, dass meine Mama ins Ziel läuft, beschloss ich ihr ein wenig entgegen zu spazieren. Leider verschlechterte sich das Wetter auch zunehmend und nach einem kurzen Anruf von meiner Mama, wusste ich, dass es doch noch ein wenig dauern würde. Für mich ging es deshalb zurück ins Ziel und auf der Strecke feuerte ich noch die ankommenden Teilnehmer an.

Gemeinsam mit Petra und Norbert warteten wir auf meine Mama und bald war auch für sie der letzte Kilometer angebrochen, auf dem ich ihr entgegen ging. Gemeinsam konnten wir so unter Jubeln ins Ziel marschieren und ich war (und bin es immer noch!) wirklich stolz auf die tolle Leistung meiner Mama, da es ja doch ihre längste Distanz bis jetzt war!

Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass der Karwendelmarsch von Anfang bis zum Ende perfekt organisiert war. Die Verpflegungsstellen waren top ausgestattet und die Helfer alle sehr zuvorkommend! Ein kleines Manko sind nur die fehlenden Toiletten im Startbereich und zwei Duschen für die Damen im Ziel sind auch ein bisschen wenig. Aber das nur am Rande erwähnt! Gratulation und Danke an alle! An die Teilnehmer, die Großartiges geleistet haben, an die Veranstalter, die Bergrettung, Streckenposten, Verpflegungsstellen und auch an die Zuschauer und entgegenkommenden Wanderer fürs Anfeuern, Unterstützen und Motivieren! Danke auch an unsere Mitfahrgelegenheit und Gratulation an Norbert zur super Laufleistung!

Ich freue mich schon auf die Jubiläumsausgabe nächstes Jahr!

 

Zum Schluss muss ich noch eine Sache, die mir und auch meiner Mama aufgefallen ist, loswerden: Viele Läufer bzw. Wanderer waren ohne jegliche zusätzliche Ausrüstung, also sprich Getränke, Regenbekleidung, Erste-Hilfe-Päckchen o. Ä. unterwegs. Es ist zwar keine Pflichtausrüstung vom Veranstalter vorgeschrieben, jedoch finde ich, dass immer etwas passieren kann. Das Wetter kann sich gerade in den Bergen so schnell ändern und meine Mama, zum Beispiel, war froh um die Regenjacke! Auch kann es passieren, dass man oder jemand anders stürzt und man Erste-Hilfe leisten muss. Aber wie ohne dem nötigen Material?! Ich hab‘ auch beobachtet, wie ein paar Teilnehmer sogar in normalen Straßensneakers unterwegs waren…Sicherlich waren die Trails nicht sehr technisch aber ausrutschen kann man auch auf vermeintlich „einfachen“ Forstwegen. Ich finde es teilweise etwas rücksichtslos von solchen Teilnehmern, sich auf andere zu verlassen (im Sinne von: die Bergrettung wird mir schon helfen) und damit auch vielleicht andere in Gefahr zu bringen. Eine kleine vorgeschriebene Pflichtausrüstung würde dem sicher entgegenwirken! 

 

 

 

5 Gedanken zu “Karwendelmarsch 2017 – die Legende lebt tatsächlich

  1. trailbirdie schreibt:

    Super Bericht Carina! Und gratuliere nochmal zu deiner tollen Leistung ☺️👍
    Was du im letzten Ansatz geschrieben hast, dem kann ich nur zustimmen, eine Pflichtausrüstung wäre sicher auch für die Veranstalter von Vorteil.
    Es war auf jeden Fall eine tolle Veranstaltung und die wer weiß, vielleicht sehen wir uns nächstes Jahr wieder im Karwendel ☺️ LG Astrid

    Gefällt 1 Person

    • flottestirolermadl schreibt:

      Danke liebe Astrid! Dir auch nochmal Gratulation! 👏🏼😊
      Stimmt, zumindest eine kleine Pflichtausrüstung (Regenjacke, Notfallpäckchen und Flüssigkeit) wäre meiner Meinung echt sinnvoll. Aber nichtsdestotrotz wars super und ich würd mich freuen, wenn wir uns nächstes Jahr wieder sehen 😊 Bis bald 👋🏼

      Gefällt 1 Person

  2. Raymond Vogelaar schreibt:

    Super Geschichte, gut geschrieben! Ich war, zusammen mit meinem gutem Freund Erwin, aus Holland auch dabei (Marschklasse). Es hat uns besonders gut gefallen, es war eine Super Veranstaltung. Schwer, aber wunderbar zum mitmachen. Und wir haben es auch bis ins Ziel geschafft, wir sind gleich wie du sehr stolz!

    Grüße aus ‚Flachlandweltmeister‘ , Raymond Vogelaar

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar